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2/2025: Steuern und Verschulden. Eine gerechtere Finanzierung steigender öffentlicher Ausgaben

In den vergangenen Jahrzehnten sind die Ausgaben der öffentlichen Haushalte (nicht nur) in der Bundesrepublik deutlich gestiegen. Obgleich in derselben Zeit auch die Einnahmen zugenommen haben, übertrafen die Ausgaben – mit Ausnahme der Jahre 2014 bis 2019 – die Einnahmen. Die Corona-Pandemie ab 2020 sowie die Energiekrise 2022 haben zu Rekorddefiziten bei der Finanzierung der öffentlichen Haushalte geführt. Um die Sicherheitslage der Bundesrepublik zu verbessern, um  die notwendigen Investitionen auf dem Weg zur Klimaneutralität zu tätigen und um die öffentliche Infrastruktur auf den erforderlichen Stand zu bringen, werden die öffentlichen Ausgaben auch in Zukunft steigen.

Dadurch dass Wirtschaft und Staat getrennt wurden und der Staat keine Einnahmen aus einzelwirtschaftlichen Aktivitäten erzielt, erhalten die öffentlichen Haushalte das zur Finanzierung ihrer Ausgaben notwendige Geld vorrangig aus Steuern und nachrangig aus Gebühren, Beiträgen sowie Erlösen aus dem Verkauf von Vermögen. Decken die Einnahmen die Ausgaben nicht, finanzieren sie sich über Kredite – und können und dürfen, nach weitgehendem Einvernehmen, immer dann, wenn entsprechende Ausgaben in langfristig wirksame Investitionen fließen.

Durch die Art und Weise, wie der Staat seinen Ausgaben finanziert, nimmt er Einfluss auf Wirtschaft und Gesellschaft. Vermutlich sind Steuern das neben Recht wirksamste Mittel, einzelwirtschaftliche Aktivitäten im öffentlichen Interesse zu steuern. Zudem wirken Steuern und öffentliche Kreditaufnahme umverteilend. Über die Steuern erfolgt die Umverteilung zwischen den unterschiedlichen Einkommen und Vermögen tendenziell ›von oben nach unten‹, oder genauer: Steuern können dazu genutzt werden, um die (in der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung berechnete) Primärverteilung der Einkommen und Vermögen realwirtschaftlich auszugleichen. Dagegen erfolgt die ›Umverteilung‹ bei der öffentlichen Verschuldung notwendig ›von unten nach oben‹, nämlich zugunsten der Vermögenden, deren Kredite mit dem Geld der Steuerzahler:innen bedient werden.

Um die Staatsverschuldung Deutschlands und dazu die Kreditaufnahme der öffentlichen Haushalte zu begrenzen, haben der Deutschen Bundestag und der Bundesrat 2009 eine Schuldenbremse in das Grundgesetz eingetragen: »Die Haushalte von Bund und Ländern sind grundsätzlich ohne Einnahmen aus Krediten auszugleichen.« (Art. 109 GG). Zwar darf bei einer ›von der Normallage‹ abweichenden konjunkturellen Entwicklung sowie ›bei Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Notsituationen‹ davon abgewichen werden. Allerdings dürfen auch dann »die Einnahmen aus Krediten 0,35 vom Hundert im Verhältnis zum nominalen Bruttoinlandsprodukt nicht überschreiten« (Art. 109 GG). Obgleich auch die Bundesländer unter diese grundgesetzliche Schuldenbremse fallen, haben einige von ihnen sie in ihre Landesverfassung übernommen. Die nationale Schuldenbremse verschärft die Fiskalregeln, die in der Europäischen Union seit dem ›Stabilitäts- und Wachstumspakt‹ (1992) und dem ›Fiskalvertrag‹ (2012) gelten. Wurden diese Regeln in der Vergangenheit hauptsächlich gegen andere Mitgliedsländer angewandt, werden sie in jüngerer Zeit auch gegen Deutschland in Anschlag gebracht. Dennoch gehört Deutschland mit einer Staatsschuldenquote (Verhältnis Staatsschulden/BIP) von unter 70% zu den am wenigsten verschuldeten Industrieländern.

Den Verfassungsauftrag aus Artikel 109, die öffentlichen Ausgaben ohne Kredite zu finanzieren, konnte und kann der deutsche Staat seit  Jahrzehnten nicht erfüllen. Dazu konnte er seinen Bürger:innen und den Unternehmen keine ausreichend hohen Steuern auferlegen, sie nicht entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit in die Pflicht nehmen. Offenbar besteht dieses Unvermögen insbesondere gegenüber den Bürger:innen mit hohem Einkommen und großen Vermögen – und nimmt mit der Höhe der eigentlich zu versteuernden Einkommen und Vermögen zu. Auch die steigenden Ausgaben der jüngeren Vergangenheit konnte der Staat nicht durch höhere Steuern oder durch die Verbesserung der Steuereinnahmen finanzieren. Politisch werden ›höhere Steuern‹ für die besonders Reichen ins Spiel gebracht; durchsetzen ließ sich dies (wenigstens bislang) nicht. 1997 wurde die Vermögensteuer ausgesetzt, sodass seither niemand in Deutschland eine Vermögensteuer zahlt. Mehr als über die Verbesserung bei den Steuereinnahmen wird daher über eine höhere Kreditaufnahme und dazu über eine Auflösung der Schuldenbremse diskutiert. Aber auch dafür gab es in der nun zu Ende gehenden Legislaturperiode keine ausreichend große politische Mehrheit. Vor allem daran dürfte die Ampelkoalition – nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes über das zweite Nachtragshaushaltsgesetz 2021 – gescheitert sein. Das ungelöste Problem und der Streit um die Schuldenbremse werden auch in der nächsten Legislaturperiode bestehen. So bleiben der Bundesrepublik ›Steuern‹ und ›öffentliche Verschuldung‹ als ideologisch hoch aufgeladene Streitthemen erhalten.

In dem Themenheft von EthikundGesellschaft sollen diese Streitthemen unter der Maßgabe der Gerechtigkeit bearbeitet werden. Angesichts des notwendig steigenden Bedarfs öffentlicher Ausgaben wird gefragt, wie die öffentlichen Finanzen sowohl ausreichend als auch gerecht geregelt werden sollen. Gegenüber dem Versprechen, mit ›weniger Staat‹ käme man in Deutschland weiter, wird gefragt, ob steigende öffentliche Ausgaben zur Bewältigung der anstehenden Zukunftsaufgaben und für eine Zukunftsfähigkeit der demokratischen Gesellschaft notwendig und daher politisch durchgesetzt werden müssen. Gefragt wird weiterhin, ob die politisch einfachere Lösung, die zunehmende Kreditaufnahme durch den Staat, – angesichts der sich daraus ergebenden ›Umverteilung‹ von unten nach oben – auch die bessere und vor allem gerechtere Lösung für knappe öffentliche Haushalte ist. Angesichts des hohen Investitionsbedarf wird die grundgesetzliche Schuldenbremse infrage gestellt. Sollte sie gelöst oder wenigstens gelockert werden, um den deutschen Staat hinsichtlich großer Zukunftsaufgaben wieder handlungsfähig zu machen, – und wenn ja, wie? Vor allem wird aber gefragt, ob und wie der Staat das Leistungsvermögen der Gesellschaft auf dem Weg der Steuern besser mobilisieren und wie er die Einkommens- und Vermögenstarken Bürger:innen stärker und wirksamer zur Finanzierung der öffentlichen Ausgaben heranziehen kann.

Redaktion: Matthias Möhring-Hesse.

1/2026: Kein Spiel. Wargaming und Serious Gaming im Zeitalter der KI

Kann Krieg spielerisch erlernt werden? Ist es ethisch vertretbar, die Bekämpfung gegnerischer Einheiten in einem Gaming-Szenario zu trainieren? Birgt die Darstellung realitätsnaher Trainings als ›spielerische Simulation‹ die Gefahr, die kategoriale Unterscheidung zwischen simulierten Szenarien und realen Konflikten zu verwischen?

Diese Fragen sind nicht bloß theoretischer Natur, sondern spiegeln eine bereits existierende Praxis wider. Weltweit setzen militärische und zivile Organisationen zunehmend auf Game-based Learning und Serious Gaming, um komplexe und kritische Fähigkeiten zu schulen, ohne dabei reale Risiken einzugehen. Diese Entwicklung wirft ethische Fragen auf, die friedenspolitische, militärische, technologische und zivilgesellschaftliche Aspekte gleichermaßen betreffen und einer interdisziplinären Auseinandersetzung bedürfen.

Die Beiträge des Themenheftes können auf technikethische Überlegungen zur moralischen Qualität ebenso wie auf den epistemologischen, phänomenologischen oder ontologischen Status solcher Simulationen fokussieren. Gleichermaßen sind militär- und friedensethische sowie zivilgesellschaftliche Überlegungen zur möglichen Vermischung von Realität und Simulation ausdrücklich willkommen. Wir begrüßen interdisziplinäre, empirische Studien sowie Beiträge aus der militärischen Praxis, der Spielebranche und der Games-Forschung.

Redaktion: Kathrin Bruder, Lukas Johrendt, Gerhard Schreiber

2/2026: Potenziale und Grenzen des Pazifismus in Geschichte und Gegenwart

›Nie wieder Krieg!‹ - Diese pazifistische Forderung findet sich immer wieder auch im christlichen Diskurs um Krieg und Frieden. Gerade angesichts der gegenwärtigen vielfältigen bewaffneten Konflikte stellt sich die Frage nach den Möglichkeiten pazifistischer Überzeugungen und gewaltloser Konfliktlösungsstrategien mit neuer Dringlichkeit; man denke nur an die Ukraine oder den Nahen Osten.

Der Band möchte daher inhaltlich zum einen Pazifismus in seinen Ursprüngen untersuchen und zum anderen nach der Relevanz des Konzepts für die Gegenwart fragen. Dabei werden insbesondere auch Herausforderungen, Chancen und Grenzen der zivilen Konfliktbearbeitung in der Gegenwart in den Blick kommen.

Diese Ausgabe zum Pazifismus verfolgt ein doppeltes Ziel: Zum einen soll das Feld des Pazifismus inhaltlich weiter ökumenisch und interdisziplinär erschlossen werden, zum anderen kann so die Vernetzung von Wissenschaftler:innen und Friedenspraktiker:innen weiter gestärkt werden. Hierzu bietet der Pazifismus das ideale Themengebiet. Denn pazifistische Grundüberzeugungen können einen der Motivatoren für ein entsprechendes Engagement in der Friedensarbeit oder der zivilen Konfliktbearbeitung darstellen.

Redaktion: Benedikt Brunner, Gabriel Rolfes, Sarah Jäger.

Schreiben für ethikundgesellschaft

Autorenhinweise

Autorenhinweise (in Englisch)